Seit März 2010 haben die Forscher am Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW) der Uni Stuttgart haben einen angenehmen Arbeitsplatz: In einer sechs Meter hohen Klimakammer können sie nach Belieben die Sonne anschalten, auch wenn es draußen eisig stürmt und schneit.
Genau genommen handelt es sich um einen computergesteuerten, dynamischen Sonnensimulator. Die einzigartige Anlage nutzen die Wissenschaftler aber nicht für ein Sonnenbad auf Liegestühlen, sondern zum Erforschen und Testen thermischer Sonnenkollektoren, die zum Beispiel auf Dächer montiert werden und dort Warmwasser erzeugen.
Mit Lampen und Lamellen
Der Simulator besteht aus 14 Metallhalogenid-Lampen, deren Spektrum dem Sonnenlicht sehr ähnlich ist. Vor dem verstellbaren Lampenfeld hängt eine Art Jalousie, eine in fünf Segmente aufgeteilte Abschattungsvorrichtung mit kippbaren Lamellen. Durch Dimmen der Lampen und Verstellen der Lamellen kann das Forscherteam nun erstmals die Strahlungsintensität dynamisch ohne signifikante Veränderung des Strahlungsspektrums regeln. Damit lässt sich praktisch jeder Himmel simulieren: von der gleißenden Sonne im Hochsommer bis zum grauen wolkenbedeckten Wintertag – oder auch ein Apriltag, bei dem Sonne und Wolken ständig wechseln. Dies macht den neuen Simulator weitweit einmalig; herkömmliche Anlagen arbeiten nur mit konstanter Bestrahlungsstärke.
Mit der künstlichen Sonne verfügen die Wissenschaftler über ein zukunftsweisendes Test- und Entwicklungswerkzeug. Anhand standardisierter Messverfahren können sie nun – völlig unabhängig vom Wetter – das ganze Jahr über prüfen, wie gut ein thermischer Kollektor arbeitet und wie viel Nutzwärme er tatsächlich liefert.
Der Sonnensimulator bestrahlt eine Fläche von zehn Quadratmetern. Die auf die Prüffläche auftreffende Strahlung lässt sich computergesteuert zwischen etwa hundert und tausend Watt pro Quadratmeter regeln. Für die Tests montiert man Sonnenkollektoren auf einen so genannten Kollektorwagen. Dieser kann stufenlos geneigt werden, um unterschiedliche Dachschrägen zu simulieren. Der Kollektorwagen ist so groß, dass auf ihm sogar komplette Anlagen zur Trinkwassererwärmung Platz finden. Erstmals können nun komplette Solaranlagen zur Trinkwassererwärmung im so genannten Innentest geprüft werden.
Wachstumsmarkt Warmwasser
Thermische Solarnutzung gehört zu den Wachstumsbranchen. Damit die Industrie neue Kollektoren rasch entwickeln kann, müssen entsprechende Prüfungen zeitnah durchgeführt werden, wie es mit dem dynamischen Sonnensimulator möglich ist. Zudem wollen die Stuttgarter Hochschulforscher gemeinsam mit der Industrie neue Konzepte entwickeln, um die Sonnenwärme noch besser zu nutzen. Dafür konnte sich übrigens auch das Bundesumweltministerium erwärmen und hat die zukunftsträchtige Anlage mit rund einer Million Euro unterstützt.