1882 erwirbt Gottlieb Daimler die Villa in der Taubenheimstraße. Das
dazugehörige Gartenhaus wird zur Werkstatt umgebaut, wo Gottlieb
Daimler und Wilhelm Maybach ihre Vision von der individuellen Mobilität
verwirklichen wollen. Sie wollen einen transportablen Universalantrieb
für Fahrzeuge zu Lande, zu Wasser und in der Luft konstruieren.
Der
Raum mit Werkzeugbank und Schmiede wird das Refugium der beiden Ingenieure.
Daimler und Maybach arbeiten Tag und Nacht unter strengster Geheimhaltung.
Selbst die Familie und die Hausangestellten wissen nicht, was im Gartenhaus
vor sich geht. Der misstrauische Gärtner holt die Polizei, weil
er glaubt, im Gartenhaus befände sich eine Falschmünzerwerkstatt.
Die Überraschung ist groß, als die Polizei zu nächtlicher
Stunde statt einer Münzpresse nur Werkzeuge und Motorteile findet.
Daimler und Maybach können fortan ihr Werk unbehelligt fortsetzen.
1883 entsteht der erste schnelllaufende Motor. Für den neuen Motor
müssen alle Komponenten erdacht, gebaut und erprobt werden. Daimler
und Maybach versuchen zunächst, das Zündungsproblem mit einer
Glührohrzündung in den Griff zu bekommen. Als Arbeitsverfahren
wählen sie das Viertaktprinzip. Ihr Versuchsmotor mit liegendem
Zylinder hat 176 cm³ Hubraum und wird ab August 1883 eingehend
erprobt. Ende des Jahres erreichen Daimler und Maybach ein wichtiges
Ziel: Ihr Motor läuft mit sensationellen 600 Umdrehungen/min. und
leistet 0,25 PS.
Der zweite Versuchsmotor ist die Basis des Patents, das am 3. April
1885 Daimlers Vision öffentlich macht. Die sogenannte „Standuhr“
hat ein geschlossenes Kurbelgehäuse, auf dem der luftgekühlte
Zylinder steht. Das Einlassventil arbeitet automatisch, das Auslassventil
wird durch die von Daimler erfundene Kurvennutensteuerung betätigt.
Dazu kommt ein Schwimmervergaser. Der Einzylinder wiegt 60 Kilogramm,
hat einen Hubraum von 264 cm³ und leistet 0,5 PS bei 650 Umdrehungen/min.
Dank seines geringen Gewichtes und seiner kompakten Abmessungen kann
er in Fahrzeuge eingebau werden. Erster Versuchträger wird ein
Zweirad, der sogenannte „Reitwagen“. Die Vision des schnelllaufenden,
leichten Universalmotors mit Benzinbetrieb ist Wirklichkeit geworden.
Schon im November 1885 hatte Gottlieb Daimlers Sohn Adolf mit dem „Reitwagen“
– dem ersten Motorrad der Welt – die drei Kilometer lange
Strecke zwischen Cannstatt und Untertürkheim problemlos zurückgelegt.
Im Sommer 1886 bauen Daimler und Maybach den Motor in eine Kutsche ein,
womit sie erfolgreiche Fahrversuche zwischen Esslingen und Cannstatt
durchführen. Gleichzeitig kommt der Motor auch im ersten Motorboot
der Welt, der „Neckar“, zum Einsatz. Das Gartenhaus wird
jetzt schnell zu eng. Im Juli 1887 bezieht Daimler ein Fabrikgebäude
am Seelberg.